Software für autonomes Fahren unternehmensübergreifend entwickeln

Pressemitteilung /

Das selbstfahrende Auto ist ein komplexes vernetztes System, das eigenständig beispielsweise überlebenswichtige Brems- oder Ausweichmanöver fährt. Um dies zu ermöglichen, muss rechenintensive Software verschiedener Hersteller mit spezialisierten eingebetteten Steuergeräten gekoppelt und in einer Zentralsteuerung gebündelt werden. Damit Software-Entwickler:innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette effizient und sicher zusammenarbeiten können, erforschten 23 europäische Partner im Forschungsprojekt PANORAMA standardisierte Austauschformaten für Design- und Entwicklungsprozesse.

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Die Entwicklung von Fahrzeugelektrik- und Elektronik wird immer anspruchsvoller: Unternehmen müssen klassische Zuliefererketten durchbrechen und Software in übergreifenden Teams kollaborativ entwerfen.
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Kollaborative Softwareentwicklung: Die Entwicklung zukünftiger Mobilitätssysteme findet vertrauensvoll zwischen mehreren Partnern entlang der Wertschöpfungskette und auf Basis offener Integrationsplattformen statt.

„Fahrzeugelektrik und Elektronik werden immer anspruchsvoller: Mehr Funktionen und eine höhere technische Komplexität auf der einen Seite. Eine Vielzahl an beteiligten Akteur:innen auf der anderen Seite. Erfolgsrezept ist die unternehmensübergreifende, normen-konforme und sichere Kooperation von Software-Entwickler:innen. Wir müssen klassische Zuliefererketten durchbrechen und Software in unternehmensübergreifenden Teams kollaborativ entwickeln“, erläutert David Schmelter, Wissenschaftler am Fraunhofer IEM. Um diese Kooperation zu ermöglichen, definierte das PANORAMA-Konsortium offene de facto Standards, Tools und Best Practices für den Austausch formaler Systemmodelle und stellte sie als Open-Source-Ökosystem bereit. Gefördert wurde es dafür von April 2019 bis März 2022 im europäischen Fördercluster ITEA 3 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit insgesamt 4,3 Mio. Euro.

Sicheren Datenaustausch ermöglichen

Die Entwicklungsplattform Eclipse APP4MC ermöglicht mit Hilfe des offenen Austauschformats AMALTHEA das unternehmensübergreifende Konzipieren und Managen komplexer Werkzeugketten für die Fahrzeugelektronik und -software. Das Fraunhofer IEM erforschte mögliche organisatorischen Herausforderungen und Gefahren für die Datensicherheit und den Schutz geistigen Eigentums. Besonderer Schwerpunkt lag dabei auf detaillierten AMALTHEA-Systemmodellen. Die Wissenschaftler:innen formulierten Handlungsempfehlungen, mit denen Unternehmen Sicherheitsrisiken minimieren und einen vertrauensvollen Informationsaustausch untereinander pflegen können. Entwickler:innen sollten Systemmodelle zum Beispiel ausschließlich zweckgebunden (etwa für eine bestimmte Simulation) und nur mit den dafür erforderlichen Informationen (Datensparsamkeit) teilen. So können künftig auch direkte Wettbewerber sensible Informationen in ihrer Softwareentwicklung austauschen und bearbeiten.

Modelle automatisch vervollständigen

Das gemeinsame Nachverfolgen von Software-Anforderungen entlang des Entwicklungsprozesses ist ein wichtiger Baustein für die funktionale Sicherheit eingebetteter Systeme. Das aufwändige und bisher manuelle Aktualisieren der sogenannten Traceability-Modelle birgt die Gefahr von Unstimmigkeiten in den Anforderungen, welche aufwändig und kostspielig behoben werden müssen. Das Fraunhofer IEM entwickelt mit MEMO (Multi-objective Evolution of Models) ein Framework für das offene Traceability-Management-Werkzeug Eclipse Capra, das diese wichtige Arbeit automatisiert.

Mit Techniken des Search-based Software Engineerings berechnet MEMO qualitativ hochwertige Lösungsalternativen für unvollständige oder widersprüchliche Anforderungen und schlägt sie dem Entwicklungsteam zur Auswahl vor. Bei geringerem Aufwand erhöht sich so die Qualität der Traceability-Modelle erheblich. MEMO ist leicht für weitere Modellierungssprachen erweiterbar und kann auf individuelle Anwendungsfälle angepasst werden.

Open-Source ist Grundlage für kollaborative Software-Entwicklung

Neben MEMO stehen Eclipse APP4MC und Eclipse Capra exemplarisch für eine Reihe von Open-Source-Projekten, die in PANORAMA entwickelt und weiterentwickelt wurden.

  • Eclipse APP4MC ist eine Plattform für die Entwicklung der Fahrzeugelektronik komplexer eingebetteter Multi- und Many-Core-Systeme. Über das offene Austauschformat Amalthea konzipieren und managen Unternehmen komplexe Werkzeugketten insbesondere für die Systemsimulation und -validierung. Die PANORAMA-Projektpartner erarbeiteten Cloud-fähige Methoden und Visualisierungen für die Simulation und Validierung dieser Architekturen. Unternehmen können so Modelle von Entwicklungspartnern leichter in eigene Werkzeugketten integrieren. Mehr unter: https://www.eclipse.org/app4mc/
  • Eclipse Capra ist ein offenes Traceability-Management-Werkzeug für das Nachverfolgen von Software-Anforderungen entlang des Entwicklungsprozesses. Zusätzlich zu Amalthea integrierten die PANORAMA-Projektpartner weitere Datenaustauschformate. Mit Capra verfolgen Unternehmen ihre Validierungsergebnisse über den Softwareentwurf bis hin zu Anforderungen – und arbeiten so mit ihren Entwicklungspartnern erfolgreich an der Sicherheit eingebetteter Systeme. Mehr unter: https://projects.eclipse.org/projects/modeling.capra

Weitere Informationen

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Das Projekt PANORAMA wurde von April 2019 bis März 2022 im europäischen Fördercluster ITEA 3 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit insgesamt 4,3 Mio. Euro gefördert.