Engineering – Schlüsselfaktor für die Entwicklung nachhaltiger Produkte und Systeme

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Ingenieur:innen stehen in puncto Nachhaltigkeit häufig vor einem Zielkonflikt: Soll die Spule in einem Elektromotor mit Kunststoff vergossen werden, um Wärmeverlust zu reduzieren? Oder ist es sinnvoller, auf den Kunststoff zu verzichten, damit das spätere Recycling einfacher ist? Im neuen it’s OWL-Projekt „Sustainable Lifecycle Engineering“ entstehen Methoden für Entwickler:innen und Produktmanager:innen, um Nachhaltigkeitsaspekte bereits in der frühen Phase des Engineerings in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Partner des Fraunhofer IEM sind Diebold Nixdorf, Harting, Miele, Siemens Industry Software, die Universität Paderborn, Wago und das Wuppertal Institut. Stefan Pfeifer, Abteilungsleiter Systems Engineering am Fraunhofer IEM gibt erste Einblicke in das dreijährige Vorhaben, dass im Juni 2023 gestartet ist.

Gruppenbild vom Projektteam.
© Fraunhofer IEM
Kickoff des neuen it‘ s OWL-Projekts „Sustainable Lifecycle Engineering“: Das Konsortium entwickelt Methoden, um Nachhaltigkeitsaspekte bereits in der frühen Phase des Engineerings in Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Eine Frau steht vor einem Whiteboard.
© Fraunhofer IEM
Beim Kickoff im August 2023 legte das Konsortium wichtige Grundlagen für drei erfolgreiche Jahre Projektarbeit.

Wie kann es Unternehmen gelingen, die steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen?

In Zeiten zunehmender Bedeutung von Nachhaltigkeit wird es für Unternehmen immer wichtiger, auch in der gesamten Wertschöpfungskette und über den gesamten Produktlebenszyklus nachhaltig zu handeln. Wir haben festgestellt: Für viele Unternehmen ist das Thema mittlerweile eine Notwendigkeit, um Ressourcen zu schonen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen. Gleichzeitig müssen sie einen Spagat leisten: Auf der einen Seite stellen etwa Gesetze und Regularien immer neue Anforderungen an die Nachhaltigkeit ihrer Prozesse und Produkte. Auf der einen Seite müssen sie wirtschaftlich denken und handeln. Doch die Dimension Nachhaltigkeit bietet auch Chancen – etwa, wenn innovative technische Lösungen den CO2-Fußabdruck schonen, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Genau hier setzt die Idee der sogenannten dualen Transformation an: Fortschritte in der technologischen Entwicklung digitaler Lösungen sollen dazu beitragen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Welche konkreten Use Cases betrachtet das Fraunhofer IEM im Projekt? Wo liegen die Chancen für die Unternehmen?

Wir sind der Meinung, dass gerade dem Engineering in der Gestaltung nachhaltiger Produkte und Systeme eine Schlüsselrolle zukommt. Insbesondere in den frühen Phasen des Engineerings, in der Systemarchitekturentwicklung, treffen Entwickler:innen fundamentale Designentscheidungen, die die Nachhaltigkeitseigenschaften von Produkten und zugehörigen Entstehungsprozessen beeinflussen. Daher möchten wir mit diesem Projekt Entwickler:innen helfen, wirtschaftliche und gleichzeitig nachhaltige Entscheidungen im Engineering zu treffen. Dazu möchten wir zusammen mit verschiedenen Unternehmen in mehreren Pilotprojekten Ansätze, Methoden und Hilfsmittel zur Entscheidungsunterstützung erarbeiten. Mit den Unternehmen Miele und HARTING erarbeiten wir beispielsweise ein Entscheidungsunterstützungssystem. Dazu sammeln wir unternehmensweite Trade-Off-Entscheidungen, kategorisieren diese in einem Katalog und nutzen diesen als Datengrundlage für ein prototypisches Entscheidungsunterstützungssystem.

Was ist die Vorgehensweise im Projekt? Welche Expertise bringt das Fraunhofer IEM ein?

Wir adressieren drei Handlungsfelder. Im ersten Handlungsfeld untersuchen wir, welche Aspekte der Nachhaltigkeit im Engineering berücksichtigt werden müssen. Im Fokus stehen die Auswirkungen relevanter Nachhaltigkeitsanforderungen auf die Prozesse, Methoden und Zielgrößen des Engineerings und auf die entsprechende Organisationsstruktur. Im zweite Handlungsfeld entwickeln wir eine modellbasierte Entscheidungsunterstützung für Entwickler:innen in den frühen Phasen des Engineerings. Sie können damit die vielfältigen Interdependenzen im Kontext der Nachhaltigkeit modellbasiert abbilden und die zwangsläufig auftretenden Zielkonflikte gegeneinander abwägen. Im dritten Handlungsfeld erweitern wir bestehende Ansätze des Produktlebenszyklusmanagements (PLM) um Nachhaltigkeitsdaten. Wenn wir wissen, welche Datenpunkte über den gesamten Produktlebenszyklus für das Engineering relevant sind, können wir Entwickler:innen in wichtigen Designentscheidungen unterstützen.